MonatApril 2017

„Ich war so traurig, ich wollte einfach nur kiffen“

I like you. You like me. We hang out together. Why can’t it work like that? Why does it always have to be complicated? Why is there always mutual misunderstanding, miscommunication and confusion up until the point where nobody cares anymore? Because that’s the thing with people. They don’t care. Nobody is interested in anybody anymore. There are so many of them, and keeping contact, or getting access to new people is so easy, that it simply doesn’t matter anymore. If I’m not with you, I’m with somebody else, simple as that. There are no boundaries, no limitations.

Man kann nicht jeden in seinem Leben behalten. Manche Menschen sind wie verlorengegangene Puzzleteile. Man dreht und dreht und schiebt und drückt bis man einsehen muss, dass es einfach nicht passt. Du bist in der falschen Box gelandet, ich sortiere dich aus. Aber irgendwo in diesem riesen Berg liegt genau das Teil, was ich suche, genau das Stück, das passt. Man darf nur nicht aufgeben.

Ich war in Berlin für ein paar Tage und es war schön. Die Zeit verging wie erwartet unendlich schnell und ich war kontinuierlich beschäftigt. Aber ich habe auch Sankt Petersburg vermisst und mich darauf gefreut, wieder zurück zu kommen. Jetzt bin ich hier und kann mich wieder voll und ganz meinem Hass hingeben. Ich liebe diese Stadt, aber so vieles hier macht mich wahnsinnig. Die Leute, die zu unfähig sind, geordnet in eine Bahn zu steigen. Die Gehwege, die so schmal sind, dass keine zwei Personen aneinander vorbeigehen können ohne auf die Straße auszuweichen. Aber das alles ist okay, damit kann ich leben, aber mit dieser Uni, mit der werde ich einfach nicht fertig. Ich will hierbleiben, unbedingt, aber ich weiß gerade einfach nicht wie, denn so kann ich wirklich nicht studieren. Dieses ganze Hin- und Hergerenne für nichts, das ist nur Wasser auf die Mühlen, je mehr man sich bemüht, desto mehr geht man unter. Und jedes gelöste Problem zieht mindestens drei neue mit sich. Man sagt mir, ich soll die Uni hier schmeißen und als Lehrer arbeiten, aber ich bin nicht so eine. Wer könnte sich schon mich als Lehrer vorstellen?

Всё течёт, течёт, течёт.

Ein paar Gedanken

Bombe, Anschlag, Terror, Panik – Panik, das ist zumindest das, was du haben musst. In der Metro ist etwas Tragisches passiert, ein Dutzend Menschen sind gestorben, viele weitere verletzt. Also schalten jetzt alle ihren Verstand ab und ihre sinnlosen Gefühle ein und bleiben angsterfüllt Zuhause sitzen. Aber was ist heute denn anders als gestern? Und, vor allem, was ist heute anders als morgen oder nächste Woche? Du wirst wieder in der Metro sitzen. Du wirst wieder am Technologichesky Institut oder am Sennaya aus- und umsteigen, weil das nun mal die zentralen Punkte sind. Am Anfang fühlst du dich vielleicht ein bisschen unwohl dabei, aber allerspätestens nach einem Monat sind das wieder vergessene Gefühle. Heute ist erst mal „Trauern“ angesagt – für Leute, die man nicht kennt – vor allem für Leute, für die man sich niemals interessiert hätte, wenn sie nicht gerade zufällig gestorben wären. Was, wenn unter ihnen jemand war, dem du unvorsichtig den Tod gewünscht hättest, weil es ein verurteilter Vergewaltiger war? Was, wenn du wüsstest, dass unter ihnen Väter waren, die ihre Kinder missbraucht haben, ihre Frauen geschlagen haben? Oder wenn es Leute sind, die ihr ganzes Leben lang nur ignoriert wurden und jetzt im Tod die Aufmerksamkeit bekommen, die sie sich immer erhofft haben – und was bringt ihnen das? Ist das nicht sarkastisch? Und warum kümmert dich das? Hast du damit irgendwas erreicht, irgendwas verändert? Es geht hier nur um dich, um dein Gefühl, um deine Selbstverwirklichung. Du willst den anderen zeigen, wie empathisch du bist gegenüber den Toten. Und ich bin hier zynisch? Nur, weil ich realistisch bin? Weil ich mich nicht davor fürchte, Metro zu fahren – gerade jetzt, wo doch wahrscheinlich die sicherste Zeit ist, Metro zu fahren? Wenn dir das Leid anderer so wichtig ist, warum kümmerst du dich nicht um Menschen, denen du wirklich helfen kannst? Warum machst du nicht die Augen auf bevor es zu spät ist? Aber das ist zu schwierig. Wenn es auf dem Silbertablett serviert wird, nehmen wir gerne jede Möglichkeit an, uns als besonders guten Menschen zu profilieren. Ihr, die ihr euch Zuhause verschanzt, ihr, die ihr Rosen niederlegt für Leute, die ihr im Leben nie gesehen habt, ihr, die ihr gierig jede Neuigkeit aufsaugt, um eure Angst zu nähren – ihr widert mich an.

Regen

Im Bett sitzend warte ich panikerfüllt darauf, dass Zoe mit ihrem Teller aus der Küche wiederkommt. In diesem Moment bin ich unendlich dankbar für den riesigen Schrank, der das Zimmer in zwei Hälften teilt und mir so ein paar Sekunden gibt, um mich zu sammeln. Es ist fast wie ein absurdes Bild aus einer drittklassigen Sitcom – auf der einen Seite des Schranks sitzt Zoe am Tisch und isst Pilzsuppe. Auf der anderen Seite sitze ich in meinem Bett und kämpfe meine Depressionen runter. Als es dann plötzlich an der Tür klopft und ihre Freundin Maya erscheint breche ich dann endgültig zusammen und verlasse fluchtartig die Wohnung auf der Suche nach ein bisschen Ruhe.

Draußen regnet es, es ist dunkel. Scheinwerferlicht blendet, grün-rote Ampelmännchen und Neonschilder irritieren mich während ich rastlos durch die Straßen wandere. Immer weiter, weiter, entlang dieses riesig breiten Flusses, der dunkel und bedrohlich träge neben mir her fließt. Ich wäre gern allein um schreiend alles rauszulassen und Luft zu atmen, aber man kann nicht allein sein in dieser chaotischen Stadt. Tropfen tanzen vor meinen Augen und lassen Reflektionen in meinen Brillengläsern zu unerkenntlichen Schemen verschwimmen. Wo bin ich?

Die einzigen Menschen, die mir außerhalb von Autos entgegenkommen, sind glücklich lachende Pärchen und ein Jogger. Warum haben diese glücklich lachenden Pärchen nichts besseres zutun als um 11.30h nachts im Regen durch die Kälte zu laufen?

Auf der Brücke stehen zwei Männer in orangenen Anzügen und bespritzen das Geländer mit Hochdruckreiniger. Ebenfalls im Regen.

Als ich die Metrolinie wechsle steht am Gleis ein Mädchen und singt aus voller Kehle. Schief und schrecklich, aber sie scheint fröhlich zu sein – fröhlich, und wahrscheinlich betrunken.

Auf meinem Weg nach Hause kriege ich eine Nachricht von Zoe, die sich Sorgen macht und mich fragt, ob ich aus bleibe oder zurückkomme. Als ich die Küche betrete begrüßt sie mich teekochend mit „Honey, I love you so much!“. Ich lege meinen Einkauf – Schoko-Bons, Schokoladenmüsli, Milchschnitte, Schokokekse – auf den Thresen. Irgendwie muss man diese verlorenen Endorphine ja wieder herstellen.

Vor dem zu Bett gehen schaue ich die letzte Folge Californication und finde es irgendwie beruhigend.

Gute Nacht, Du.