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Das Neue bleibt beim Alten

Ich bin irgendwie fett geworden. Das ist Nummer eins. Aber okay, kein Wunder, wenn man kein Sport machen kann und das Essen besteht hier nur aus Salz, Zucker und Geschmacksverstärker.
Nummer zwei ist, dass ich gerade heute (mal wieder) gedacht habe ‚Schön, meine Mückenstiche sind endlich weg‘, da surrt schon wieder so ein Vieh des nachtens um mein Ohr herum.

Heute waren es über 20°C. Ich konnte es ja fast nicht fassen. Wir haben ein großartiges Dachterrassencafé entdeckt, das direkt bei uns um die Ecke liegt. Außerdem war ich Falafel essen bei Menschen, die ein Falafelrestaurant in ihrer Wohnung haben. Also, literally. Man geht durch einen Innenhof, dann noch einen, dann drückt man ein paar Türen ein und klingelt und dann steht man in einer Wohnung, die nach Tee und Falafel duftet, Katzen schmiegen sich an deine Beine und es ist alles ganz furchtbar urig.

Ach ja, und dann war da noch gestern. Gestern ist ein wenig eskaliert. Nach der Uni (Examen, bäh) textete ich Tanja, weil ich keinen Schlüssel hatte, denn ich dachte, vielleicht können wir Kaffee trinken gehen, dann muss ich niemanden belästigen. Aber Tanja antwortete nicht. Es war jedoch so schön sonnig und warm draußen, dass ich einfach nicht nach Hause wollte, also fragte ich Zoe, ob sie mit mir Mittagessen wolle. Wollte sie. Wir kehren also bei Dve Palochki ein und unser Blick streift 1,1 l Long Island Ice Tea. Nun, diese Geschichte mit überdimensional großen Long Island Ice Teas kam mir aus dem letzten Jahr noch irgendwie bekannt vor. „Dumme Idee“, sagte ich. „Ja, total“, fügte sie hinzu, „Wer bestellt schon sowas?“ „Wir?“ „Ja, ok.“. Aus 1,1 l Long Island Ice Tea wurde ein ausgedehnter Pub Crawl, bei dem wir 6 Bars und jeweils einen Gin Tonic pro Bar abrissen.

Zum Schluss waren wir im Poison, wie immer, sangen ganz fürchterlich und schief Mardy Bum und This Fire (ein Song, der irgendwie gar keinen Text zu haben scheint außer ‚This fire is out of control, I’m gonna burn this city, burn this city‘). Dann gab Zoe auf und ging nach Hause, ich ging zu Tanja. Jedenfalls wollte ich das, aber ich war noch nie da, und mein Handy hatte irgendwann den Geist aufgegeben, und ich war unsicher, wo ich hinmusste. Also klingelte ich einfach auf gut Glück irgendwo, wo ich ihren Wohnort vermutete. Die Stimme, die aus dem Fernsprecher ertönte, klang unbekannt und ich war ein wenig verunsichert. Noch verunsicherter wurde ich, als mir zwar die Haustüre, nicht jedoch die Wohnungstür geöffnet wurde und ich ein wenig verloren im Treppenhaus herumstreunerte. Als ich schon aufgeben wollte und die Stufen wieder hinunterstieg, erklang von irgendwoher gottgleich eine Stimme: Was, hat niemand aufgemacht? Versuch’s noch mal! Du musst lauter klingeln! In meinem betrunkenen Zustand und ohne offensichtliche Personen im Treppenhaus war meine erste Reaktion zunächst Verwirrung. Dann realisierte ich, dass ich neben einer dunkel getönten Glasscheibe stand, hinter der eine Art Concierge saß. Es stellte sich am Ende heraus – ich hatte die richtige Wohnung gefunden.
Doch mein Glück währte nicht lange, nach kurzer Einkehr traf Stacey ein und zwang mich, mit ihr Brücken gucken zu gehen. Zu dem Zeitpunkt war es 3. Nach einem Pub Crawl, der 6 Bars umfasste, mag das vielleicht früh klingen, aber wir haben um 4 angefangen. Stacey und ich jedenfalls gingen erst mal in eine Bar. In der ich mir jedoch nur ein Wasser bestellte, weil ich eine verantwortungsvolle Erwachsene bin. Wir sind dann zu den Brücken, nur um festzustellen, dass die Sonne zwar schon aufgeht, die Palastbrücke aber geschlossen war, und ich außerdem überhaupt nichts sehen konnte. Da ich nicht erwartet hatte, so dermaßen lange unterwegs zu sein, hatte ich nämlich nur meine Sonnenbrille (mit Stärke) mit. Ich habe also die ganze Zeit zwischen Dunkelheit und Scharfsicht oder hell und verschwommen gewechselt. Und versucht, Photos zu machen, aber mein Handy hat immer noch Epilepsie (das Display wird alle zwei Sekunden grau und verschwimmt, wie ein gestörter Fernsehbildschirm) und man kann nicht allzulange drauf starren.

Lange Rede, kurzer Sinn: gestern war spaßig. Wir sind dann noch ein bisschen an der Neva spaziert und heim, der Fluss liegt nicht weit von unserer Wohnung.

Oh, ich habe gerade die Mücke getötet.

Flauschige Riesen-Enten sind übrigens nicht prototypisch.

Ah, und Stacey und ich waren Sonntag im Kino und haben Wonder Woman geschaut. Danach haben wir „Eis für Erwachsene“ ausprobiert, also Eis mit Alkohol. Koko Loko hieß meine Kreation und schmeckte nach Kokosnusslikör. Stacey hatte irgendwas, das nach Stout schmeckte. Es war unerträglich süß und danach war ich tatsächlich irgendwie leicht angetrunken. Leicht genug um sich im Cornershop um die Ecke (höhö) noch ein IPA (Gangster) zu gönnen.

Tausend Worte gehen schnell um, wenn man über Müll schreibt wie Gefühle und was die Tage so passiert ist. Aber wenn man ein Essay über die Geschichte des Internets schreibt, dann fühlen sich 1000 Worte an wie eine Ewigkeit. Wo ich gerade davon rede, ich sollte noch ein Essay schreiben. Verdammt.

Ich habe heute auch eine Note gekriegt für meinen Russischunterricht hier (der schrecklich war), ich wusste nicht mal, dass der bewertet wird, aber ich bekam 8/10 Punkte, was auch immer das heißen mag.

Es gibt kein deutsches Verb für das Wort to litter.

Welsh is going great. Ich freue mich auf meine Radtour. Meine Pläne nehmen immer mehr Gestalt an.

Ich habe angefangen, 13 Reasons Why zu schauen. Ich habe das Gefühl, dass die einzelnen Folgen irgendwie nie zum Punkt kommen und dann sind sie zu Ende und man denkt sich so: und was ist jetzt genau passiert?

Ich muss immer noch Kram über Zypern übersetzen. Langsam bin ich Zypern-Experte, aber ich habe auch wirklich unglaublich wenig Motvation und es dauert ewig. Es ist nicht nur langweilig, das Problem ist, dass fast jeder Satz auf Englisch grammatikalisch so verzerrt ist, dass man überhaupt nicht weiß, worum es geht und man erst mal stundenlang darüber nachdenken muss. Oder die Satzstruktur ist invertiert auf eine Art, die im Englischen einfach keinen Sinn macht und wenn man dann fertig ist mit lesen muss man alles neu schreiben.

Zoe kann manchmal unglaublich engstirnig sein. Wir hatten heute eine Diskussion über Grammatik. Zoe sagte „Can you pass me the paper towels, please?“, woraufhin Stacey sagte „I don’t know, can I?“ und ich meinte „God, I hate it when people do that“ and Zoe said „What?“ and I said „Because you’re supposed to say ‚May I have the paper towels, please?'“, darauf hinweisend, dass es theoretisch gesehen grammatikalisch inkorrekt ist in diesem Zusammenhang ‚can‘ zu benutzen. Das hat sie überhaupt nicht eingesehen und gemeint, dass das ja jeder so sagte, und dann müsse es ja richtig sein, weil sich Sprache verändert. Und wir erwiderten dann ‚Ja, natürlich, es ist umgangssprachlich verständlich und wird nicht als Fehler interpretiert, nichtsdestotrotz ist es theoretisch gesehen einfach falsch‘. Das hat sie nicht verstanden. Dann meinte ich „Im Russischen zum beispiel Пошли anstatt Поидём zu sagen ist auch nicht richtig, aber es tun trotzdem alle.“ und Stacey fügte hinzu „Oder один или одно кофе“ – das Beispiel hat Zoe dann richtig gefuchst, sie meinte dann, dass один кофе einfach nicht richtig ist, obwohl das ja alle sagten, das klinge ja ganz schrecklich und Leute sollten grammatikalisch korrekter sprechen. Daraufhin habe ich mich dann mental in eine Ecke geschmissen und angefangen laut zu weinen. In Realität habe ich einfach meinen Laptop aufgeklappt und Vokabeln gelernt.

Das Witzige ist ja, dass das von einer Person kommt, die sich selbst für unglaublich klug und aufgeklärt etc hält. Ich mag Zoe wirklich gern – aber eben weil sie einfach ist. Ich erinnere mich daran, wie wir, als wir The Dutch Guy kennengelernt haben, eine Diskussion über die Zukunft und Roboter hatten. Das heißt, Vincent und ich hatten diese Diskussion und Zoe saß neben uns und hat zugehört. Und damit meine ich, dass sie wirklich genau gar nichts zu der Konversation beigetragen hat. Hinterher meinte sie zu mir, sie hätte das Gespräch sehr genossen und sie liebe es, so intelligente Unterhaltungen zu führen, es käme leider nur zu selten vor. Woraufhin ich mich wieder mental in die Ecke geschmissen habe, und vor meinem geistigen Auge leuchtete eine Reihe rotblinkender Fragezeichen auf.

Aber nun, die Selbstwahrnehmung mancher Menschen ist merkwürdig. Und meine eigentlich auch.

„Ich war so traurig, ich wollte einfach nur kiffen“

I like you. You like me. We hang out together. Why can’t it work like that? Why does it always have to be complicated? Why is there always mutual misunderstanding, miscommunication and confusion up until the point where nobody cares anymore? Because that’s the thing with people. They don’t care. Nobody is interested in anybody anymore. There are so many of them, and keeping contact, or getting access to new people is so easy, that it simply doesn’t matter anymore. If I’m not with you, I’m with somebody else, simple as that. There are no boundaries, no limitations.

Man kann nicht jeden in seinem Leben behalten. Manche Menschen sind wie verlorengegangene Puzzleteile. Man dreht und dreht und schiebt und drückt bis man einsehen muss, dass es einfach nicht passt. Du bist in der falschen Box gelandet, ich sortiere dich aus. Aber irgendwo in diesem riesen Berg liegt genau das Teil, was ich suche, genau das Stück, das passt. Man darf nur nicht aufgeben.

Ich war in Berlin für ein paar Tage und es war schön. Die Zeit verging wie erwartet unendlich schnell und ich war kontinuierlich beschäftigt. Aber ich habe auch Sankt Petersburg vermisst und mich darauf gefreut, wieder zurück zu kommen. Jetzt bin ich hier und kann mich wieder voll und ganz meinem Hass hingeben. Ich liebe diese Stadt, aber so vieles hier macht mich wahnsinnig. Die Leute, die zu unfähig sind, geordnet in eine Bahn zu steigen. Die Gehwege, die so schmal sind, dass keine zwei Personen aneinander vorbeigehen können ohne auf die Straße auszuweichen. Aber das alles ist okay, damit kann ich leben, aber mit dieser Uni, mit der werde ich einfach nicht fertig. Ich will hierbleiben, unbedingt, aber ich weiß gerade einfach nicht wie, denn so kann ich wirklich nicht studieren. Dieses ganze Hin- und Hergerenne für nichts, das ist nur Wasser auf die Mühlen, je mehr man sich bemüht, desto mehr geht man unter. Und jedes gelöste Problem zieht mindestens drei neue mit sich. Man sagt mir, ich soll die Uni hier schmeißen und als Lehrer arbeiten, aber ich bin nicht so eine. Wer könnte sich schon mich als Lehrer vorstellen?

Всё течёт, течёт, течёт.