Rinse and Repeat

Ich hätte eigentlich zum Erasmus-Präsenztreffen gehen sollen, aber bin ich nicht. Stattdessen lag ich im Bett, habe ein Nickerchen gemacht, ein paar alte Notizen durchgelesen, die Seite des SZ-Magazins nach Artikeln ohne Paywall durchforstet (schwierig). Im Wechsel habe ich heute auf der Couch liegend Artikel für die Uni gelesen und ”geschlafen”, d.h. in unmöglicher Verrenkung meinen Arm über die Lehne gehängt, meinen Kopf auf meinen Arm gestützt und die Augen geschlossen. Rinse and repeat.

Wir waren gestern klettern, ich war sehr unerfolgreich, dafür habe ich jetzt einen riesigen Bluterguss am Bein. Ich habe also immerhin etwas mitgenommen.

Ich habe viel nachgedacht in letzter Zeit. Darüber, warum ich so Angst davor habe, über Dinge zu reden. Darüber, was die Ursachen hinter den Symptomen sind.

Wir stehen zu viert in der Küche. ”Heute ist mein erster Tag in Freiheit, nach der Quarantäne. Ich hatte letzte Woche Covid”, sagt R. ”Oh, ja, davon habe ich gehört. Geht es dir jetzt wieder besser?”, antwortet A. und ich zucke unweigerlich zusammen. Hat er das mitgekriegt? Ich habe über ihn geredet. Wenn alle weg sind, werden wir vier Stunden darüber streiten, ich werde irgendwann heulen und in ein Handtuch rotzen. Für eine Sekunde ziehen diese Szenen an mir vorbei: wir laufen durch die Küche, ich flüchte ins Schlafzimmer und verkrieche mich unter die Decke, du kommst vorbei, ich versuche über meine Gefühle zu reden, du wimmelst sie ab. Irgendwann bin ich so erschöpft, dass ich allem zustimme, du wirst versöhnlich, nimmst meine Hände, wir gehen schlafen, rinse and repeat. Das passiert natürlich alles nicht, denn D. ist nicht da und niemand sonst hält es für streitwürdig, wenn du anderen Leuten davon erzählst, dass jemand aus deinem engeren Umfeld krank ist. Trotzdem habe ich erst einmal instinktiv Angst.

Ich versuche, mir vorzustellen, wie wir über Gefühle reden und andere Dinge und es schnürt mir die Kehle zu. Ich will mich nicht streiten, will nicht an der Klippe der Existenzangst entlang spazieren. Ich bin wirklich glücklich so, wie es ist mit dir und ich möchte nicht, dass sich irgendetwas verändert, aber kann ich davon ausgehen, dass du das verstehst, selbst wenn ich über uns sprechen möchte?

Hallo, mein Name ist Sasha und ich weiß nicht ob du’s schon wusstest, aber ich bin hoffnungslos verliebt in dich. Ich genieße jeden Moment mit dir und ich will, dass das genau so bleibt. Ich möchte mit dir darüber reden können, wie es in meinem Kopf aussieht, manchmal, ohne, dass das an unserer Dynamik kratzt. Ich würde auch gerne wissen, was in deinem Kopf so vorgeht.

Ich hab noch nie jemanden lieber kennengelernt als dich.

Von Prozessen habe ich geredet und davon, dass man sie oft nicht mitbekommt, wenn man mittendrin ist, bis sie plötzlich irgendwie ”abgeschlossen” oder zumindest schon sehr weit fortgeschritten sind. Du hast gesagt, darüber möchtest du lieber nicht nachdenken. Wieso? Wovor hast du Angst? Geht dir immer noch alles zu schnell? Ich habe wirklich versucht, mich zurückzuhalten, aber ich weiß, ich bin nicht besonders gut darin. Na ja, unterm Strich habe ich eben doch immer noch Borderline.

Was bin ich für dich? Ich weiß, eigentlich ist die Frage nicht relevant, solange wir uns beide wohlfühlen. Aber wissen möchte ich es trotzdem, rein aus Neugierde. Ich hatte mir fest vorgenommen, mit dir zu reden am Dienstag, aber du wirktest so defensiv und erschreckt und am Ende war es doch einfacher, miteinander zu schlafen.

Das sind viel zu viele mentale Ressourcen, die dafür draufgehen, darüber nachzudenken, was du eigentlich von mir willst — anstatt mit dir zu reden.

Gefangen in den immer gleichen Mustern. Rinse and repeat.

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