Letzte Nacht
Ich wate durch die Überreste meiner Kleider von gestern Nacht wie durch ein Schlachtfeld. Hier ein Rock, ein paar Meter weiter eine Leggings. Ein Glas mit einem letzten Schluck Rosé steht auf einem Mario Bros-Untersetzer, ein zweites, leeres, Glas neben Donkey Kong. Die Flasche ist schon weg, das Sofa verrutscht. Mehrere aufgerissene Kondompackungen liegen auf dem Nachttisch. Irgendeine orangefarbene Flüssigkeit verziert in Tropfen meinen Laminatboden. Ein Kabel fehlt. Geisterhafte Spuren eines zweisamen Rendezvous, die schneller wieder aufgeräumt als sie entstanden sind. Ich sitze in meinem Sessel, lasse den Blick schweifen und verweile noch ein bisschen in den Träumen von letzter Nacht. Fingerspitzen auf nackter Haut; Küsse sanft, leise, fordernd. “Es ist schön mit dir”, flüstere ich und kriege keine Antwort. Aber als ich den Kopf hebe und sehe, wie du mich mit großen, hellen Augen anschaust, werden Worte überflüssig.
Wir stehen in der Küche, Licht gedimmt, Weinglas in der Hand. Du an meinen Kühlschrank gelehnt, ich an den Herd gegenüber. Ich schaue zu dir hoch, als unser Gespräch eine Pause macht und bevor ich dazu ansetzen kann, etwas zu sagen, singt Avril Lavigne aus dem Wohnzimmer Cause I’m in love with you, yeah I’m in love with you. Weiß nicht, ob ich dazu einen Witz machen soll oder nicht, peinlich berührt lächeln vielleicht, schaue dich weiter an und kann dein Gesicht nicht lesen. Dann nimmst du den Faden wieder auf und der Moment ist vorbei, ich nippe an meinem Rosé.
Let’s go to bed before we talk about our feelings. Du schaust mich so an, ich weiß nicht, was du suchst, aber ich denke sag es nicht. We just had sex and I think you’re beautiful but I can’t hear these words right now. Weiß nicht, ob das jemals deine Intention war oder vielleicht hast du meinen Blick gelesen, du sagst nichts. Und ich denke was will ich sagen? Nichts, will mich einfach nur im Kontakt mit deiner Haut verlieren, deine Finger in meinen Haaren spüren.
I’m so lost in you and yet I don’t know how I feel.