Von vielen Dingen

Jedes Mal, wenn ich mich bei WordPress anmelde, gibt es eine neue Aktualisierung. Entweder melde ich mich selten bei WordPresse an oder WordPress hat einfach nur sehr viele Aktualisierungen. Und damit ist immer noch alles anders.

Ich sitze gerade in Davids neuer Wohnung. Das heisst in der Wohnung von Lyosha und Sasha, in die David nun auch gezogen ist. Momentan wohnen sie zu dritt hier. Lyosha zieht allerdings bald nach Moskau. Es ist ein bisschen seltsam – ich teile mir ein Zimmer, David teilt sich ein Zimmer, man ist selten allein und nie wirklich ‚Zuhause‘. Ausserdem muss ich wahrscheinlich auch bald wieder umziehen – und das, obwohl ich doch erst seit anderthalb Wochen wieder hier bin – weil das Apartment verkauft wird. Zoe hatte mir davon natuerlich vorher nichts gesagt. Jetzt war ich am Freitag bei IKEA – eine Weltreise bis an den Stadtrand und noch ein Stueckchen darueber hinaus – und habe einiges eingekauft und nun erfahre ich, dass wir gar nicht dort wohnen bleiben, vermutlich.

Wie es laeuft so im ganz Generellen kann ich irgendwie nicht sagen. Die letzten Tage waren ziemlich stressig, weil ich eben umziehen musste und Dinge kaufen musste und waehrenddessen noch zwei riesige Uebersetzungsprojekte bewerkstelligen musste. Ausserdem habe ich zwei neue Gruppen, die ich unterrichte. Eine donnerstagabends, eine samstagnachmittags. Das ist nicht viel, und eigentlich nicht genug Geld zum existieren, aber wenn das mit den Uebersetzungen so weiterlaeuft, bin ich eigentlich abgesichert.

Ich sitze also in Davids neuer Wohnung, die noch nicht ganz Davids Wohnung ist und ich bin allein, weil David in der Schule ist und CELTA macht. Er wird damit spaeter Englisch unterrichten. David. Unterrichten. Eine seltsame Kombination. Ich kann auch die Wohnung nicht verlassen, weil ich keinen Schluessel habe und sonst die Tuer sperrangelweit offen steht, weil russische Tueren eben so sind. Allerdings hat Lyosha mir gerade geschrieben, dass er gleich nach Hause kommt und mich gefragt, ob ich einen Veggie Shaverma moechte und da sage ich natuerlich nicht nein.

Was sonst. Sonst bin ich ja ein bisschen rumgereist. Von Berlin zuerst nach Gau-Odernheim. Das war ein bisschen seltsam, weil meine Freundin, die dort wohnt, bei ihren Eltern in einem riesigen Haus lebt und alle steinreich sind. Wir haben in ihrem Heimkino Guardians of the Galaxy 1 & 2 geschaut und Valentinstagskarten gebastelt. Auf meiner steht „I love you, bitch“ zusammen mit Bildern von halbnackten Bauarbeitern, Michelle Obama und einer Zahnbuerste. Ausserdem amerikanische Flaggen. David hat sich gefreut.
Einen Tag waren wir in einem Club in Mainz, der hat ganz viele alte Lieder gespielt, die mein 15-jaehriges Ich geliebt haette. Rise Against, Sum 41, Blink 182, etc. Wir haben ausserdem ein Maedchen vor den unerwuenschten Avancen eines maennlichen Clubbesuchers gerettet. Sie war dankbar. Jedenfalls bin ich ja auch hier hingetrampt und das hat gut funktioniert; irgendwo bei Leipzig habe ich noch einen anderen Tramper aufgegabelt. Wir haben einen armen Rumaenen ueberfallen, der uns ein bisschen weiterfahren musste, als urspruenglich geplant, weil niemand dazu in der Lage war, die Karte richtig zu lesen. Dann haben wir auf den Schock erst mal einen geraucht, als wir schliesslich an der Raststaette ankamen. Daraufhin war meine Begleitung so breit, dass er Karten noch viel weniger lesen konnte, aber zum Glueck haben sich da unsere Wege getrennt. Ich hoffe nur, dass der Typ, der mich von da aus mitgenommen hat, nicht gemerkt hat, dass ich ein bisschen viel und merkwuerdiges Zeug erzaehlt habe. Zum Abschied hat mich der andere Tramper, Johannis hiess er, noch gefragt, seit wann ich denn schon per Anhalter durch die Gegend fahre und wie alt ich denn sei. Ich verriet es ihm und so gab er mir die Faust und verliess mich mit den Worten „Nice, mach bloss weiter so!“

Von Mainz aus bin ich dann eben weiter nach Bratislava gefahren. Das lief erstaunlich gut. Meine Freundin, Engel, der sie ist, hat mich direkt bis zur Raststaette an der Autobahn gefahren. Dort stand ich ungefaehr 10 Minuten, dann bin ich von einem aelteren Ehepaar den ganzen Weg bis nach Wien mitgenommen worden. Wie nett sie waren! Und wie sie mir zuerst erzaehlten, sie koennten mich zumindest bis Passau mitnehmen, haha. Aber es gab Kaffee aus der Thermoskanne und selbstbeschmierte Brote und es war alles ganz heimelig. Am Ende haben sie mich bis zum Busbahnhof gefahren. Ich glaube, sie haben irgendwann vergessen, dass ich gar nicht ihre richtige Tochter bin, so behuetet habe ich mich gefuehlt.

Bratislava an sich war dope. Weil Iza eine dope Person ist und sich gut auskennt. Wir waren in einer Bar, die man durch einen Kleiderschrank betreten musste. Die Bar ist neben einem Gebaeude, das sowohl einen Strip Club, das Infiniti Rock Cafe als auch die Georgische Botschaft beinhaltet. Bratislava selbst hat eine niedliche kleine Altstadt und den kleinsten groessten Turm der Welt. Oben angekommen war es so windig, dass mir meine Muetze vom Kopf geflogen ist. Wir haben keine guten Fotos machen koennen. Ausserdem hat es das Danubiana – eine ziemlich coole und arg futuristische Kunstgallerie. Wir waren auch einen Tag in Wien und Wien ist ganz nett, aber so wirklich vom Hocker gerissen hat es mich nicht. Dafuer hat Izas Mutter sehr leckeres slovakisches Essen gekocht und wir haben Wein getrunken und gequatscht bis spaet in die Nacht.

Im Anschluss an dieses angenehme Erlebnis habe ich mich auf den weiten Weg nach Kassel gemacht. Und was fuer ein Weg das war. Aus Bratislava bin ich noch ganz gut weggekommen und bis Prag ging es okay – der erste Typ, der mich aufgegabelt hat, war ein liierter Wasserpolonationalspieler. Der zweite Typ hat mich gefragt, was ich am Morgen gefruehstueckt hatte und dabei eine Tuete geraucht. In Prag ging es jedoch absolut nicht voran, bis nach zwei oder drei Stunden endlich ein sehr seltsamer Oesterreich/Deutscher vorbeikam, der mir einen Kaffee ausgegeben hat und mich bis nach Leipzig gefahren hat. Und von da an kam ich nur noch so 70 km pro Auto voran bis ich schliesslich viele leidige Diskussionen und eine leidenschaftliche Debatte ueber kognitive Linguistik und Wahrnehmungspsychologie spaeter um 8 oder 9 Uhr abends endlich in Kassel ankam. Ab da wurde gechillt. Pizza und Detroit: become human, ausserdem jede Menge Musik – das war’s. Den Bergpark haben wir noch erklommen. So viel zum Thema sportliche Ertuechtigung.

Am Wochenende begag ich mich dann endlich zur letzten Station meiner Reise: Hamburg. Da hatte ich auch wieder Glueck, in Kassel wartete ich nicht lang auf meine Mitfahrgelegenheit und die Wartezeit wurde mir auch noch von einem freundlichen Ukrainer versuesst, der mir die Moeglichkeit verschaffte, ein bisschen Russisch zu reden. Ich kam zwar nicht weit, fand an der naechsten Raststaette aber direkt ein freundlich-merkwuerdiges Ehepaar, das bis nach Hamburg fuhr. Da war ich dann sogar so frueh, dass ich mich noch gemuetlich in ein Cafe setzen, einen Kaffee schluerfen und mit David quatschen konnte. Mit Micha und seiner Verlobten war es auch wieder sehr entspannt, wir haben Zelda gezockt, Essen bestellt und am Samstag Alita Battle Angel (auf Deutsch ….) geschaut – ein relativ schlechter, aber immerhin unterhaltsamer Film.

Auf der Rueckfahrt war es sehr sonnig und es standen ungefaehr 308234 Tramper an meinem ueblichen Spot. Allerdings waren ein weiterer Typ und ich die ersten, sodass wir Vorrecht hatten (auch gesetzlose haben Gesetze). Und es funktionierte. Kaum eine halbe Stunde spaeter nahm uns jemand bis Berlin mit. Er besitzt ein Hausboot in der Rummelsbucht und ist Filmarchitekt. Sein Onkel hat Marlene Dietrich Hochdeutsch beigebracht. Seiner Tante gehoeren die Ravensburger Puzzle. Das alles klingt ziemlich fantastisch, aber der Typ war sehr nett. Und am Ende habe ich ein Glas Hummus bekommen und die Nummer von meinem Tramperkollegen (bei dem ich mich allerdings nie wieder gemeldet habe, weil ich ein schlechter Mensch bin)

Dieser Beitrag ist unglaublich lang geworden. Ich musste zwischendurch auch fuenf Tage Pause machen, weil ich viel zu tun und kein Internet hatte. Es geschieht, wie immer, sehr viel hier in Sankt Petersburg. Vielleicht mag ich es deswegen so sehr. Obwohl ich das Gefuehl habe, dass sich das alles langsam zu einer Hass-Lieb eentwickelt. Es ist einfach zu viel manchmal.

Ich mache jetzt jedenfalls erst einmal Schluss und suche mir etwas zu Essen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert