Schlagworteremitage

You’re brutal, man

Es gibt sicherlich bessere Fotos, aber ich wollte meinem Blog meinen Arbeitsplatz nicht vorenthalten. Durch dieses herrschaftliche Tor schreite ich seit Dienstag jeden Morgen, nachdem ich zwanzig Minuten am glitzernden Band der Neva entlang gelaufen bin. Nun, genau genommen wollte ich Montag anfangen. Doch als ich gut gelaunt am dvorzovaja ploschadj stand, stelle ich fest: das Tor ist zu. In meinen Erinnerungen wühlend wurde mir klar, dass die Eremitage Montags geschlossen ist, aber ich fand in meiner E-Mail keinen Hinweis auf einen Nebeneingang oder sonstiges. Die Website konnte ich nicht besuchen, weil mein Handy sie für einen Virus hielt. Also musste ich im Büro anrufen. Ich. Anrufen. Klar. Meine erste Frage also вы по-англиски говорите? – Sprechen Sie Englisch? – Нет. Verdammt. Also musste ich mein Anliegen auf Russisch darlegen, aber es hat anscheinend gut genug funktioniert, um die Antwort Seien sie morgen um Zwei nach dem Essen im Büro zu erhalten. Weil ich nicht wusste, was ich sonst mit meinem Tag anfangen sollte, ging ich erst mal Büchershoppen. Mit Erfolg, für c.a 25 Euro habe ich einen Haufen Bücher und Postkarten bekommen.
Als am Dienstag dann mein erster richtiger Arbeitstag begann, war ich natürlich ziemlich aufgeregt. Erleichtert hat sich für mich einiges dadurch, dass diejenige, die mich und die Andere Neue eingewiesen hat, aus Deutschland kam. Die Andere Neue auch. Langweilig war dann, dass wir in der Empfangshalle im Foyer rumsitzen mussten und Kindern eine Art Schatzsuche durchs Museum erklären mussten. Weil von uns dreien aber nur eine Person fließend Russisch konnte gestaltete sich das als schwierig bis unmöglich. Und als dann gegen Ende unserer Arbeit auch noch eine verrückte alte Frau auftrat, die permanent geredet hat und einfach in allem furchtbar anstrengend war, wusste ich: das wird kein guter Tag. Wurde es aber doch noch, denn im Anschluss waren wir Essen und sind dann zum Russian Speaking Club eingeladen worden, was zum Schluss doch noch ganz lustig wurde. Chilään ist auch endlich wieder aus Finnland zurück und hat uns begleitet – nur um mitzuteilen, dass er ab Montag für immer fortgeht, zum Studieren. In Helsinki. Oder so. Unendliche Trauer macht sich breit, aber was soll man machen.
Nun. Heute ist Freitag, und nach vier Tagen kann ich inzwischen auch den Kindern diese blöde Quest nahebringen. Es sind die kleinen Erfolge. Gestern war natürlich wieder Couchsurfing; ich habe auch die Briten eingeladen, aber sie sind aus Versehen ins falsche Café gegangen, also treffen wir uns wohl eher nächste Woche. Gestern auch ist mir dort etwas Fantastisches passiert. Ich kam nämlich spät, weil ich zuerst noch im Theater war, im Konzertsaal des Marinsky, was atemberaubend hätte werden können aber diesmal wirklich nicht mein Geschmack war – kurzum, ich find es nicht schade, dass ich kurz vor der ersten Pause gegangen bin. Jedenfalls kam ich an, Ami und die Andere Neue waren schon da und haben mir erzählt, dass tatsächlich nach mir gefragt wurde. Where’s your crazy German friend? Ich meine, das ist für mich aufregend. Ich war in der Schule immer eher die Oh Gott, muss die in mein Team? Person, und jetzt fragen Leute nach mir, weil sie mich sehen möcht. Doch damit nicht genug. Auf dem Weg zum Tisch wurde ich angehalten von jemandem, der mir doch ernsthaft mitteilte, ich sei eine Inspiration. Ich. Eine Inspiration! KANN SICH DAS JEMAND VORSTELLEN ICH NICHT BITTESCHÖN WEN ZUM FICK SOLL ICH INSPIREREN. Aber diesen Menschen, offensichtlich. Ansonsten war ich gestern krank. Ich bin mit Halsschmerzen aufgewacht und im Theater vor mich hingestorben. Heute gehts mir auf magische Weise wieder besser, aber muss es auch, wir feiern schließlich gleich Chilääns Abschied.
Also dann. За здоровье!