Mandarinen auf Katzen

Ich sitze aufrecht im Bett und knabbere gluecklich an einer Sesamstange. Ich bin aufgewacht, habe eine Stunde gegen meinen Hunger gekaempft und schliesslich aufgegeben. Es ist kurz vor sieben am Morgen. Du liegst neben mir und hast keine andere Wahl, als jetzt auch wach zu sein. „Solange du keine eingelegten Gurken isst…“ sagst du, ich laechle, sage „Nur mit Nutella“ und schaue dich an. Als ich deinen Blick sehe, so viel Liebe, so viel Zuneigung, denke ich fast wuenschte ich, ich waere wirklich schwanger. Du siehst so zufrieden aus mit dem, wo du bist, mit dem, was wir sind, dass ich dir alles geben moechte.

Die zwei Wochen in Krakau waren unspektakulaer. Ich war die meiste Zeit allein und die meiste Zeit habe ich mich mies gefuehlt. Ich hatte viel Kopfschmerzen. Migraene. Periode. PMS. Manchmal alles auf einmal. Der Kurs war anstrengend. Aber erfolgreich. Ich habe eine Freundin gemacht, vielleicht. Mein Vermieter war ein creep und ich hatte nicht die Courage, ihm das mitzuteilen. Das Patriarchat bleibt auch wegen Leuten wie mir bestehen. M & B waren kurz da, das war schoen. Wir waren Bouldern, im Museum, viel Spazieren. So ging die Zeit herum. Ich habe ein Kaeseplueschtier fuer R gekauft. Ich glaube, er hat sich gefreut.

Auf dem Weg nach Split sind wir in einen apokalyptischen Schneesturm geraten. Sogar das Fernsehen war da und hat die Ankunft unseres Zuges gefilmt. Ueber ein Meter Schnee in manchen Teilen Dalmatiens. Der Urlaub an sich war gut. Aber auch da war ich leider die meiste Zeit krank. Und deswegen laengst nicht so produktiv, wie ich gerne gewollt haette. Aber so ist das wohl. Es tut mir ein bisschen Leid fuer R, weil ich staendig krank bin, wenn wir unterwegs sind. Aber er meinte, es sei ok, und ich glaube ihm.

„Ich bin froh, dass wir uns nicht streiten.„Warum sollten wir uns streiten? Du bist halt krank. Du liegst ja nur rum.“ Ja, warum bist du so sauer auf mich – das hatte ich auch gedacht, als ich in Moskau einen Bandscheibenvorfall hatte und D gebeten hatte, mich ins Krankenhaus zu bringen. Er hat die ganze Taxifahrt nicht mit mir geredet. Schliesslich haette ich es besser wissen muessen, der Bandscheibenvorfall war meine Schuld. Wahrscheinlich haette ich eigentlich spaetestens da Schluss machen sollen. Wer tut so was? Aber ein Teil von mir hatte natuerlich gedacht, dass D Recht hatte. Ich wusste, ich hatte Schmerzen. Ich bin trotzdem nach Moskau gefahren. Vielleicht waere es nicht passiert, wenn ich nicht gefahren waere. Oder vielleicht waere es spaeter passiert. Man weiss es nicht.

Auf dem Rueckweg hatte ich mich nicht gut gefuehlt. Ich war genervt, kaputt, muede, hatte Hunger, war ueberfordert. Aber R hat so eine natuerliche Begabung darin, mit mir in solchen Situationen umzugehen, dass es schnell wieder bergauf ging. Es ist faszinierend. Ich muss nicht mit ihm reden. Dann nimmt er meine Hand und drueckt sie ganz fest. Auch, wenn dazwischen vier Taschen liegen.

Das wichtigste zum Schluss. Wir sind jetzt Mitglieder bei Hajduk Split. Am ersten Tag unseres Urlaubs hatte R herausgefunden, dass die Jugendmannschaft gegen Manchester City antritt. Da mussten wir natuerlich hin. Die Darbietung hat uns so ueberzeugt, dass wir am Sonntag darauf gleich noch einmal im Stadion waren, zu Hajduk gegen Lokomotiva Zagreb. Ein Thriller, der mit einer 3:4 Niederlage endete. Um an Karten zu kommen, musste man Mitglied werden. Jetzt habe ich einen Ausweis in meinem Portemonnaie und einen Sticker auf meinem Handy.

Mandarinenernte. Auf dem Weg in die Innenstadt und zum Stadion sind wir durch einen Park gegangen, an dem Mandarinenbaeume wuchsen. Alle Fruechte, die vom Boden aus erntbar waren, wurden schon abgepflueckt. Aber das hat uns natuerlich nicht aufgehalten. Irgendwann kam eine Frau vorbei und gab uns ihren Regenschirm, um uns zu helfen, an die von uns anvisierte Mandarine zu gelangen. Es hat funktioniert. Wir haben danach natuerlich noch mehr geerntet, extra einen Stock irgendwo aufgegabelt. Aber sie waren sehr sauer, bitter, gar nicht essbar. Aber R hat trotzdem ein paar Kerne mitgenommen, fuer sein Prokrastinationsprojekt. Ausserdem Oliven, Rosmarin, Kakteen. Ein kleiner Split-Garten.

Habe ich schon erwaehnt wie sehr ich diesen Menschen liebe?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert