MonatAugust 2018

Durchgefallen

So ist das nun mal manchmal, dann funktionieren Dinge gar nicht so, wie man sich das vorgestellt hat, da kann man noch so viel drumherum planen. Ich bin also immer noch in Sankt Petersburg nach meinem gescheiterten Versuch, in die Staaten zu fliegen. Und ich habe mir irgendwelche seltsamen Muskelentzündungen zugezogen, die mich ziemlich immobil machen. (Nun, es wird besser langsam) Deswegen fliegen David und ich Donnerstag nach Deutschland. David kommt mit, weil er meine Tasche tragen muss, das kann ich nämlich gerade nicht alleine. Vielleicht gibt es doch soetwas wie Karma, dann ist das meine gerechte Strafe dafür, dass ich meinen Kumpel in den Staaten habe sitzen lassen (auch, wenn das nicht ausschließlich meine Schuld war).

Ich weiß nicht genau, wie ich mich momentan fühle, es ist alles irgendwie verwirrend. Auf der einen Seite ist es natürlich schön, noch mehr Zeit in meinem Safe Space Saint Petersburg zu haben und ich habe auch das Gefühl, dass es David und mich noch ein bisschen näher gebracht hat. Auf der anderen Seite würde ich jetzt gerne durch die USA abenteuern. Dann wiederum, wenn ich drüben krank geworden wäre, dann hätte ich ein richtiges Problem gehabt (vor allem auch so ohne health care etc.) Ich krebse also hier ein bisschen rum. Erst habe ich mich versteckt, weil es mir unangenehm war, zugeben zu müssen, dass ich gescheitert bin. Und weil ich nicht allen dieselbe Story zwanzig Mal erzählen wollte. (Was ich im Nachhinein natürlich sowieso tun musste) Jetzt verstecke ich mich Zuhause, weil ich nicht trinken darf und mich sowieso nur sehr minimalistisch bewegen kann. Ich dachte ja, ich kann dann wenigstens Unikram machen, während ich dazu verdammt bin, in Sankt Petersburg zu bleiben, aber mit Nackenkrause tippt es sich sonst auch so schlecht. Und gerade habe ich einfach überhaupt keine Lust auf nichts, weil meine Pläne so gründlich durcheinander geworfen wurden. Außerdem habe ich ein Proberesümee (ich muss schließlich immer noch diese Klausur schreiben, die ich seit zwei Jahren vor mir herschiebe) zurückbekommen und anscheinend hat sich mein Schriftbild kein Stück verbessert, denn ich wäre immer noch durchgefallen. Das motiviert auch nicht gerade.

Der nächste Schritt ist also David meiner Familie vorzustellen, was merkwürdig wird. Ich hoffe, er benimmt sich. Oder, andersherum, dass meine Schwester sich denkt „Ach, die Amis“.

Bis dahin hänge ich noch ein bisschen rum.

On a scale from One to Taahhhhh

Ahh, wie ist das denn möglich, dass schon wieder sechs Wochen um sind? Ich weiß nicht, was ich mit all diesen Erlebnissen anfangen soll. Mir war nicht klar, dass so viele verschiedene Dinge in einen Monat passen können; ich habe das Gefühl, alles gleichzeitig gemacht zu haben.
Ich erzähle ausschnittweise einfach ein bisschen von gestern.

Gestern wollte ich mit Lyosha ins Erarta Museum. Das hatte allerdings Dienstag seinen Ruhetag. Also sind wir stattdessen ins Vodkamuseum gegangen, natürlich mit Degustation am Ende. Weil wir auf unsere Führung so lange warten mussten, tranken wir vorher ein Bier. Danach sind wir noch auf zwei weitere Bier ins Rockets & Bishops und haben „intensive 2 people durak“ gespielt und, na ja, Lyosha ist nicht besonders gut darin, also sind wir noch auf zwei Vodka ins die Ryumocnaya neben an. Dann kam Zoe vorbei und wir haben noch ein Bier getrunken, das ich zur Hälfte auf der Straße verschüttet habe. Wir mussten nämlich los, weil die beiden und Sasha sich noch eine Wohnung in der Nähe anschauen wollten. Ich musste draußen stehen bleiben und warten, weil ich als „zu betrunken“ klassifiziert wurde. Um darauf anzustoßen, sind wir noch in eine weitere Bar, wo mir prompt Wasser und Essen bestellt und verboten wurde, weiter zu trinken.. Meine Freunde sind sehr fürsorglich und mein Kater heute erstaunlich milde. Das ist auch gut so, denn ich muss gleich noch meinen Studenten ‚unterrichten‘. Und später gehe ich mit irgendwelchen Verwandten von Tanya – Tanya, die mich vor zwei Jahren bei sich aufgenommen hat! – ins Ballett und schaue Corsair.

Nachtrag: das Ballett war so lala, die Kostüme und das Bühnenbild waren fantastisch, aber das Sujet hat meiner Meinung nach irgendwie nicht so viel Sinn ergeben; auch die Choreographien fand ich nur so mittelmaeßig. Nach dem Ballett bin ich noch mit entsprechenden Verwandten zu Tanya gefahren und es gab natürlich jede Menge Essen und Wein und ein komisches Likörgetränk namens Suze, das mir einfach über mein Eis gekippt wurde. Als ich gehen wollte, drückte mir Tanya noch einen Haufen kleiner Äpfel („Von der Datscha, alles Bio!“) in die Hand und irgendein Teegebäck. Begegnungen mit Russen sind immer ein bisschen seltsam.