Sonntagabend, dunkel
Heute Morgen um 8.22 Uhr war der Himmel strahlend schön, aber ich habe die Augen zugemacht und mich wieder umgedreht. Gegen 14 Uhr habe ich Candy fertig gelesen, dann bin ich irgendwie in ein Loch gefallen. Um 4.20 schreibt mir Timon ‚Nachmittag‘ und ich denke 420 blaze it und schreibe nichts zurück. Um 6 gehe ich in die Küche auf der Suche nach etwas zu Essen und Ansgar drückt mich einmal und sagt ‚Mach dir keine Sorgen‘. Ansgar drückt mich oft in letzter Zeit. Vielleicht sehe ich schlecht aus. Wenn man „Anagramme mein Kampf“ bei Google eingibt findet man auf der ersten Seite meinen Blog, dieses Thema scheint nicht viele Leute zu interessieren.
Die vom Friedrichstadtpalast wollten mich nicht, Hauptsache zwei Mal umsonst Probearbeiten. Der Psychiater hat mir Johanniskraut verschrieben, erwarteter Wirkungseintritt: in vier Wochen. Die Pillen sind riesig und leuchtend orange. Als ich der Apothekerin mein Rezept zeigte war sie ganz aus dem Häuschen und erzählte mir ausführlich, was für ein tolles Produkt das sei. Nebenwirkungen seien lediglich empfindliche Haut gegenüber Sonneneinstrahlung. Ich sah aus dem Fenster. Sie sah aus dem Fenster. Wir lachten, ich packte die Arznei ein und ging nach Hause.
Sonntagabend, es ist dunkel. Alle Menschen, die ich kenne und liebe sind in Beziehungen oder etwas Ähnlichem. Vor ein paar Jahren war das noch nicht so.
Ich habe kein Geld, keine Perspektive und meine Vergangenheit ist ein zusammengeklebter Haufen Erinnerungen von dem ich nicht weiß, wie viel richtig und wie viel ausgedacht und verschönert ist. Schokolade bringt mich über die Runden, aber auch nur so halb. Ich starre alle paar Minuten auf mein Handy, das Display bleibt schwarz. Tee dient als Ersatz für menschliche Wärme, ansonsten Einbildungskraft durch Haschkekse und Alkohol ankurbeln. Es ist Winter, und ich bin allein, und es ist ungemütlich, und ich will über Weihnachten verreisen, aber wie?